Atypische Netznutzung erklärt – inkl. online Batterie-Rechner!
Lennart Wittstock
Updated on 13.02.2025
Worum geht es bei der atypischen Netznutzung?
Die atypische Netznutzung ist ein Anreiz, Unternehmen finanziell zu belohnen, wenn sie ihre Stromspitzen zu Zeiten beziehen, in denen das öffentliche Netz wenig belastet ist. Nach § 19 Abs. 2 StromNEV sind alle Netzbetreiber dazu verpflichtet, diese "individuellen Netzentgelte" anzubieten.
Für Unternehmen, die sich dafür qualifizieren, bedeutet das, dass ihnen nur noch die Bezugsspitzen aus den Hochlastzeiten in Rechnung gestellt werden. Dies kann die Leistungspreiskomponente der Netzentgelte drastisch reduzieren. Laut Gesetz dürfen die Kosten um maximal 80% reduziert werden.
Je nachdem wie ihr Strombezugsprofil ausfällt und welche Stunden ihr Netzbetreiber als Hochlastzeitfenster definiert hat kann eine atypische Netznutzung mehr oder weniger einfach zu realisieren sein. Es lohnt sich also das Potential einmal zu prüfen.
Hintergrund zu Leistungspreisen:
Als Gewerbe mit einem Stromverbrauch von über 100.000 kWh im Jahr setzt sich Ihre Stromrechnung primär aus drei Komponenten zusammen:
Die Stromkosten, die Sie an den Stromversorger zahlen.
Die Netzentgelte, welche vorrangig aus einem Arbeitspreis und einem Leistungspreis bestehen.
Steuern und Umlagen.
Die atypische Netznutzung reduziert ausschließlich die Leistungspreiskomponente der Netzentgelte. Alle anderen Komponenten Ihrer Stromrechnung bleiben unverändert. Leistungspreise machen für viele Unternehmen jedoch jährlich Zehntausende oder Hunderttausende Euro an Kosten aus und sind daher ein wertvoller Hebel, um Energiekosten zu senken.
Normalerweise werden Leistungspreise anhand der höchsten Bezugsspitze des Jahres berechnet. Die atypische Netznutzung erlaubt es, nur noch die höchste Spitze zu zählen, die in ein Hochlastzeitfenster fällt. Spitzen, die nicht in Hochlastzeitfenster fallen, werden nicht mehr in Rechnung gestellt.
Weitere Infos zu Leistungspreisen finden Sie in diesem Artikel: Leistungspreise erklärt!
Wo finde ich die Hochlastzeitfenster für meinen Standort?
Die Hochlastzeitfenster werden auf der Website des jeweiligen Netzbetreibers veröffentlicht.
Hier ein Beispiel für die Hochlastzeitfenster in der Mittelspannung der Westnetz GmbH für das Jahr 2025.

Die Unterteilung des Jahres in Jahreszeiten mit jeweils drei Monaten ist bei allen Netzbetreibern dieselbe.

Wer qualifiziert sich für die atypische Netznutzung?
Um sich für die atypische Netznutzung zu qualifizieren, müssen gewisse Schwellenwerte überschritten bzw. unterschritten werden. Diese hängen von der Netzanschlussebene des Betriebs ab.
Bei diesen Schwellenwerten geht es um die Differenz zwischen der höchsten Bezugsspitze im Niedriglast-Zeitfenster und der höchsten Bezugsspitze im Hochlastzeitfenster. Die höchste Spitze zu Hochlastzeiten muss in jedem Fall mindestens 100 kW niedriger sein als die höchste Spitze zu Niedriglastzeiten.
Zudem muss auch eine prozentuale Differenz erzielt werden, wie in der folgenden Grafik abgebildet.

Wie kann ich meine Lastspitze verschieben?
Generell hängt dies stark davon ab, durch welche Anlagen diese Spitzen erzeugt werden. Die intelligente Steuerung von Kühlung, Heizung oder Ladezeitpunkten für Elektromobilität kann einen wichtigen Beitrag leisten, ohne die Abläufe in Ihrem Unternehmen zu beeinflussen.
Auch mithilfe von Batterien kann eine atypische Netznutzung erzielt werden. Dabei lädt sich die Batterie auf, wenn der Strombezug niedrig ist, und entlädt sich, wenn der Strombezug aus dem Netz hoch ist und eine Lastspitze entstehen würde. Die Entladung der Batterie verringert dabei den Netzbezug und kann somit dafür sorgen, dass eine gewisse Schwelle nicht überschritten wird.
Um dies zu realisieren, muss die Batterie jedoch ausreichend Kapazität haben. Mithilfe des Online-Rechners können Sie anhand ihres Lastgangs die benötigte Batteriekapazität ermitteln.
Kostenloser Online-Rechner für die atypische Netznutzung und die benötige Speicherkapazität:
Im Folgenden finden Sie einen Online-Rechner, mit dem Sie:
Ihre Bezugsspitzen zu Hochlast- und Niedriglastzeiten ermitteln können.
Die benötigte Reduzierung des Bezugs zu Hochlastzeiten ermitteln können, um sich für eine atypische Netznutzung zu qualifizieren.
Berechnen können, welche Mindestkapazität und Leistung ein Stromspeicher haben müsste um eine solche Bezugsverschiebung zu realisieren.
Um den Rechner zu nutzen brauchen Sie folgende Informationen:
Den Lastgang eines kompletten Jahres. Hier ein Beispiellastgang zum Download. (Diesen können Sie bei Ihrem Netzbetreiber oder Stromanbieter anfordern. Alternativ können Sie auch uns eine Vollmacht dazu geben und wir analysieren Ihren Lastgang für Sie.)
Ihre Netzanschlussebene
Die Hochlastzeitfenster Ihres Netzbetreibers (Zu finden auf der Website des Netzbetreibers)
Bei Fragen oder Problemen melden Sie sich gerne unter: lennart.wittstock@gmail.com